Das brauchst du für dein Tonfeld-Setting
Tipps für Tonfeldtherapeutinnen und Tonfeldtherapeuten: Du bist in einer Tonfeld-Ausbildung oder interessierst dich dafür?
Diese Tipps helfen dir am Anfang.
Der Raum …
Wenn du alles ein Mal durchgelesen hast, dann weißt du sofort: ein Raum mit Atmosphäre ist hilfreich, ein stabiler und eckiger Tisch, den nichts umhaut und auch bequeme Stühle, von denen aus ein Kind leicht an den Tisch reichen kann.
In einem komplizierten Raum ist es schwieriger, die notwendige Klarheit in die Beziehungen zu bringen. Denn du bestimmst den Raum. Mach es dir damit leicht. Neue Probleme kommen sowieso und auf jeden Fall.
Das Tonfeld, die Tonerde, die Wasserschüssel …
Das Tonfeld kannst du in deiner Lieblingsgröße anfertigen lassen. Am besten aus Multiplex in Birke. Wichtig ist, dass es lackiert ist. Leinölfirnis als Oberfläche beginnt zu stinken nach dem Kontakt mit feuchtem Ton. Die Materialstärke 15 mm oder 18 mm ist geeignet. Der Boden kann auch 12 mm stark sein. Es ist praktisch, auf möglichst-wenig-Gewicht zu achten.
Ich verwende Tonfelder in zwei Größen:
- Maße: Länge 45 cm x Breite 40 cm x Höhe 5,5 cm (Praxis-Tonfeld, oder für die Arbeit mit Erwachsenen
- Maße: Länge 42 cm x Breite 36 cm x Höhe 5 cm (Tonfeld für die Arbeit mit Kindern oder für die mobile Praxis)
Die Tonerde: Am besten ist weißer Drehton ohne Schamotte aus einem Künstlerbedarf in deiner Nähe. Heller Ton wäscht sich leichter aus der Kleidung als dunkler Ton. Natürlich kannst du Kindern auch Schürzen anbieten. Zum Beispiel die aus dem Aurednik Katalog. Ich habe immer passende Mal-Schürzen dabei. Es gibt sie in verschiedenen Farben und Größen.
Die 3 wichtigsten therapeutischen Arbeitsmittel
Der Schwamm für Wasser
Du brauchst einen oder mehrere Schwämme in verschiedenen Größen.
Grobporige Schwämme sind unverzichtbar, weil sie sowohl Wasser als auch Tonschlicker aufnehmen können.
- Du wirst überschüssiges Wasser aus dem Tonfeld holen.
- Du wirst Kindern Tonreste von der Haut abstreifen.
- Du wirst angetrocknete Tonreste von Tischen, von Stühlen, vom Boden wischen.
- Wer am Tonfeld arbeitet wird hin und wieder mit dem Schwamm Wasser aus dem Feld raus und in das Feld rein transportieren.
- Ein Schwamm soll von der Größe genau in eine Kinderhand passen. Du schneidest ihn formgerecht zu.
Ich habe verschiedene Formate ausprobiert.
Weich ist gut, und außerdem leicht zu teilen (mit einer Schere).
Ein Auto-Wasch-Schwamm, wie du ihn in Baumärkten findest, kann geeignet sein, muss aber nicht. Manche sind dann zu unförmig oder zu feinporig oder zu hart.
Der Schwamm, den ich unten verlinke ist mir vor kurzem begegnet. Nach ein paar Wäschen ist die Appretur ausgewaschen und er ist perfekt.
Du findest ihn in der Maler-Abteilung im Baumarkt – vermutlich.
Die Spielfigur Ente
Aus dem wie ein Kind die einfachen Elternbilder Ente und Bär in Beziehung zueinander setzt, lese ich etwas für die Therapie.
Ich lese etwas über Systeme und Felder, über die Beziehungsräume, und über die Biografie eines Kindes.
Die Badeente, die ich verwende, ist 10 Zentimeter groß. Ich mag an ihr, dass sie vom Material etwas härter ist als die Kau-Spielzeug für Hunde.
Sie hat im Schnabel kein Loch, durch jemand mich nassspritzen könnte.
Nagle dich nicht auf diese eine Ente fest – natürlich kannst du hier mit vielen Variationen ausprobieren, was ihr mögt: deine Kinder und du.
Meine Intention ist, dir Entscheidungen leichter zu machen. Damit du schnell und leicht an Arbeitsmittel kommst.
Dann kannst du schnell anfangen – ohne viel Kopfzerbrechen.
Und noch eine Sache zu der Auswahl dieser Elternfiguren: zum einen habe ich es im Studium so kennen gelernt.
Zum anderen macht für mich Sinn, dass sich Enten und auch Bären an Land und im Wasser bewegen.
Die Spielfigur Bär
Der Bär als Spielfigur steht oft für den Vater oder auch für eine andere männliche Bezugsperson.
Natürlich kommen auch andere Vaterbilder vor; und natürlich steht der Bär auch als Übergangsobjekt oder Selbstobjekt zur Verfügung.
Die Spielfigur Bär muss oft viel aushalten an Schmutz und Reinigung im therapeutischen Setting, an Torturen, Überprüfungen, Zumutung u.s.w.
Ich achte darauf, dass die Figur nicht zu groß ist, denn sie soll nie bedrohlich sein. Und wenn du sie zu klein wählst wird sie ihre Funktion nicht erfüllen.
Der Bär, den ich jetzt habe, ist 18 Zentimeter groß.
Er ist bei 30° in der Maschine waschbar, und er ist von Steiff, weil ich dieser Marke einiges zutraue und der Preis hat sich jedes Mal gelohnt.
Alle zehn Jahre tausche ich ihn aus. (Sagt die Erfahrung.) Das muss nicht so sein.
Wenn dein Gefühl (oder deine Intuition) sagt, dass seine Zeit gekommen ist, oder dass ein Kind ihn braucht zum Mit-nach-Hause-Nehmen, dann geh dem nach.
Entscheide möglichst bewusst, was du mit dem Bär tust oder einem Kind erlaubst, mit ihm zu tun.
Denn das ist echt wichtig.
Die Kamera
Ehrlich gesagt bin ich dazu übergegangen, nur Fotos aus dem Verlauf zu machen, statt ganze Video-Dokumentationen für die Supervision.
Ich nutze sie wie Notizen, damit ich mich für Berichte gut an die Kinder und Jugendlichen, an ihre Bewegungen, ihre Bilder und an ihre Geschichten erinnere. Die Fotos mache ich mit dem Handy, das ich bei der Arbeit dabei habe.
Für deine Videoaufnahmen, wie ihr es heute an den Instituten lernt, habe ich nur einen Tipp: schütze deine Kamera vor Kindern, die Gewalt erlebt haben.
Die Tasche für die mobile Arbeit
Früher hatte ich eine echte Arzttasche dabei, wenn ich mobil mit meinem Setting zu den Kunden fuhr. Weil sie so praktisch war mit ihren vielen Fächern – und weil ich ein bisschen eitel war.
Eine Tasche brauchst du. Weil du nicht nur die oben aufgeführten Arbeitsmittel mitnimmst, sondern auch Handtücher, Putztücher, einen Küchenhelfer aus zum Ausräumen … und Snacks für dich selbst – weil du weißt nie, wie sehr du geschlaucht wirst. Ich habe oft brutal Hunger nach nur zwei Sitzungen. Und beim Heimfahren möchte ich nicht schwächeln.
Extra-Tipp: Vorsicht mit Metallgegenständen auf der Holzoberfläche. Sie kratzen den Lack an, und das führt auf Dauer zu Stockflecken auf deinem Tonfeld. Ich erlaube Kindern nicht, in der Kiste mit Messern oder ähnlichem Besteck zu arbeiten.
Die Fachbücher
Was soll ich sagen: lies nicht nur ein Buch. Es gibt viele. Diese Bilder habe ich verlinkt, damit du sie direkt anschauen und bestellen kannst.
Deine Arbeitsweise – deine Haltung
Tonfeldtherapie ist nicht gleich Tonfeldtherapie. Du kannst eher pädagogisch arbeiten, eher therapeutisch, verhaltenstherapeutisch, tiefenpsychologisch, auf Bilder und Gestaltung Wert legend, entwicklungsfördernd oder auf Trancen ausgerichtet. Du kannst die Funktionsketten nach Myers (Anatomy Trains) studieren und körperorientiert vorgehen. Oder das Tonfeld ist für dich dein eigener Trost.
Eine große Unterscheidung halte ich für wichtig: ob du ablösend oder sättigend vorgehst. Die beiden gehen Hand in Hand, das steht fest. In diesem Spannungsfeld finden wir Tonfeldtherapeut*innen unsere Balance.
Ich selbst arbeite radikal ablösend – sozusagen. Ich bin freiheitsliebend und hasse Macht und Kontrolle „von oben“. Mit mir gehen Menschen nach vorne … in den Phasen innerer Schutz, innere Sicherheit und innere Freiheit. Wer seine Entwicklung nicht aufnehmen möchte ist bei mir falsch. Energie-Vampire auch. Wer die höhere Sache nicht respektiert, wird vermutlich gar nicht erst bei mir anfragen.
Dein Prozesswissen – der Mix aus Erfahrung, Co-Working und Supervision
Tonfeldtherapie ist Prozesswissen. Darum kann sie so verwirrend sein. Und ist so schwer zu lernen. Andererseits kann dir keiner jemals nehmen, was du erfahren hast. Tonfeldtheraput*innen können echt stolz auf ihr multi-dimensionales Vorgehen sein – und auf ihr weites Denken.
Die Tools, die du dir für deinen persönlichen Stil aneignest, begleiten dich dann. Dein Supervisor oder deine Supervisorin bezieht also das, was du an Material nutzt, in das ein, was er oder sie dir sagen kann.
Dieser Film ist ein Klassiker, den ich auch zu den Tools zähle. Anhand von diesem Video von 2013 veranschaulichen Tonfeldtherapeuten ihre Arbeit ihren Interessent*innen. Du kannst ihn außerdem so verwenden, dass du deine Arbeitsweise abgrenzt. Er dient in jedem Fall dem Prozesswissen – und er kann das auch für Zusammenarbeit, für Vernetzung leisten.
Schmutz und Reinigung im tonfeld-therapeutischen Setting…
… ist ein Lieblingsthema von mir.
Ton als Material bietet sich ja geradezu an, um damit Geschichten zu erzählen. Was auch immer du oder jemand anders mit Schmutz verbindet: es kommt hier vor.
- Kinder, die einkoten, erzählen davon in ihren Spielen mit dem klebrigen Material.
- Jugendliche, die sexualisierten Schmutz an sich kleben fühlen, lösen ihn im Setting ab.
- Erwachsene, die Mobbing erleben, befreien sich hier stellvertretend von diesem Schmutz.
Und dann bist du gefragt, dem Schmutz in deinem Setting zu begegnen, zu forschen und herauszufinden, wie du das wieder klar kriegst.
Gimmicks – mit Signalwirkung
Pflaster mit Anna-und-Elsa-oder-Oskar bedruckt, bunte Haargummies, Zahnstocher, Tassen und Teekännchen für Schüttspiele u.s.w. – natürlich kannst du in dein Angebot viele kleine Objekte mit einer positiven Signalwirkung aufnehmen. So kannst du Trost und Versorgung signalisieren, oder ein Kind in einem bestimmten Beziehungsbedürfnis ansprechen. (Vorsicht mit den Zahnstochern bei Kindern, die Gewalt erlebt haben. Hier gelten besondere Regeln für die positive Aggression.)
Fazit:
Mach dir klar: alle Materialien, die du mitbringst und alle deine Gedanken signalisieren den Kindern, die du begleitest, etwas zum Positiven oder zum Negativen. Darum wähle weise.
Wenn du dein Setting reduzierst machst du es dir leichter. Minimieren führt zu Klarheit. So kannst du die Beziehungen besser lesen und das soziale Feld, den Beziehungsraum, in deinem eigenen Sinn bestimmen. Und wenn du bei der Arbeit in Kontakt mit (sexueller) Gewalt kommst, dann findest du vielleicht hier in einem meiner Blogposts Unterstützung.
Über die Autorin
Andrea Brummack ist Kunst- und Tonfeldtherapeutin, freie Sachverständige in Fragen sexueller Gewalt und Kinderschutzbeauftragte. Sie hilft Menschen, sexuelle Übergriffe zu bewältigen – auf der Basis nonverbalen Methoden.
Ihr Buch „Way Out: Sichere Hilfe für missbrauchte Kinder. Was hilft und was heilt“ ist beim Springer-Verlag Berlin Heidelberg erschienen. Sie lebt mit ihrer Katze derzeit in einem Dorf bei Stuttgart, glaubt an die tägliche Portion Stille und liebt gut gemachte Krimis, in denen die Bösen ihr Fett ab kriegen. Ohne Glitzer.
„Meine Vision ist eine neue Generation von sozialen Fachkräften, die leicht mit sexuellem Missbrauch umgehen. Ich wünsche mir lebendige Beziehungen im Kinderschutz. Und ich verstehe, dass sozialpädagogische Fachkräfte ihre Arbeit lieben – auch wenn der Stress gewaltig ist. Weil da diese Kinder sind. Diese kleinen, unverfälschten Menschen.“